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Die Politik und das Internet: Friedrich will Blogger enttarnen


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So tragisch die Terror-Attacke von Norwegen auch ist, das, was die Politik hierzulande einmal mehr für abstruse Vorstellungen darüber hat, wie terroristische Anschläge im Internet geboren und verbreitet werden, zeigt, dass die Herrschaften nicht die leiseste Ahnung vom Web 2.0 haben. Schlimmer noch, sie stellen Behauptungen auf, die, würden sie ihre Gesetze kennen, garnicht möglich sind.

Bestes Beispiel ist Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, der jetzt die Blogger enttarnen will. Herr Fridrich – wir haben in Deutschland eine Impressumspflicht, auch für Blogs. Ein Klick auf den Impressum-Link, und der Blogger ist enttarnt. Und nur zur Info, die meisten Blogger führen auch noch eine Über mich Seite, auf der ein paar Eckdaten zur Person beschrieben sind. Alternativ gibt es eine kleine Infobox über den Autor in der Sidebar.


Erst informieren und denken, dann sprechen!

Blogger dürfen einfach so ihre Gedanken zu aktuellen Themen niederschreiben und veröffentlichen. Ein Blog ist schließlich ein öffentliches Tagebuch, und erhebt nicht den Anspruch auf Fakten und Richtigkeit selbiger.

Als Politiker, der sich dem Volk verpflichtet hat, obliegt einem da aber eine andere Verantwortung.

Dröseln wir hier also einmal den heutigen Bericht bei n-tv.de auf.

Klarnamen statt Anonymität im Internet?

Friedrich will Blogger enttarnen

Bundesinnenminister Friedrich ist überzeugt: Wer in einer Demokratie die Stimme erhebt, sollte das unter seinem weltlichen Namen tun, nicht unter Pseudonym. Anonyme Blogger hätten zur Radikalisierung des Attentäters von Norwegen geführt. Die Piratenpartei ist entsetzt – der Vorstoß sei ein Angriff auf einen “Grundpfeiler der Demokratie”. Die SPD bezeichnet den CSU-Politiker als “unglaublich naiv”.

Anonyme Blogger hätten zur Radikalisierung des Attentäters von Norwegen geführt. So ein Quatsch. Wenn der Attentäter von Norwegen nicht aktiv nach Blogs und anderen Informationsquellen mit radikalen Thesen gesucht hätte, wären ihm diese Inhalte verborgen geblieben. Die beschriebe Anonymität gibt es höchstens bei den Kommentatoren, nicht aber bei den Bloggern. Wir sprechen hier natürlich von Deutschland, wo auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich seinen Wirkungskreis hat.

In Reaktion auf die Anschläge in Norwegen hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein Ende der Anonymität im Internet gefordert. Radikale Blogger im Netz müssten ihre wahre Identität preisgeben und “mit offenem Visier” argumentieren, sagte Friedrich dem “Spiegel”. “In der demokratischen Auseinandersetzung streiten wir mit offenem Visier auf Basis unserer verfassungsmäßigen Spielregeln. Warum sollte das im Internet anders sein”, so Friedrich.

Wieviel Wert die jetzige Bundesregierung den verfassungsmäßigen Spielregeln beimisst, zeig ja das Verhalten um die Panzerlieferungen nach Saudi Arabien. Hier versteckt sich die Regierung in einem geheimen Gremium, anstatt “mit offenem Visier” zu argumentieren. Als gutes Beispiel vorausgehen wäre doch angebrachter, als mit falschen Fakten einen großteil der Blogger zu verdächtigen.

Der Spiegel führt übrigens gute Gründe dafür auf, warum man sich im Internet durchaus auch hinter einem Pseudonym /Nickname verbergen soll, so man denn will. Klarnamenzwang? Nein Danke!

Politisch motivierte Täter wie jener von Oslo fänden im Internet “jede Menge radikalisierter, undifferenzierter Thesen”, sagte Friedrich. “Sie können sich dort von Blog zu Blog hangeln und bewegen sich nur noch in dieser geistigen Sauce.” Es stelle sich die Frage, warum radikalisierte Blogger ihre Identität nicht offenbaren müssten. Die Grundsätze der Rechtsordnung “müssen auch im Netz gelten”.

Ganz recht! In der Presse finde ich auch eine ganze Menge radikalisierter, undifferenzierter Thesen zum Thema Internet und Sicherheit, deren Urheberschaft bei deutschen Politikern liegt. Das ganze gezerre um die Vorratsdatenspeicherung spricht Bände. Schließlich werden Küchenmesser auch nicht verboten, obwohl man damit auch Morden kann. Und wie ein Kollege aus dem christlichen Lager so passend formuliert hat. Was wäre, wenn sich Terroristen per Fax austauschen würden?

Mein persönlicher Eindruck ist, das ein Teil der politischen Kaste es nicht gerne sieht, dass das Internet eine eigene Meinungsbildung ermöglicht, die nicht mehr von den wirtschaftlich und politisch kontrollierten Medien beeinflußt wird. Sicherlich gibt es da auch Wildwüchse, wenn Hans und Franz ihre Meinung kundtun, doch der mündige Bürger wird hier schnell die Spreu vom Weizen trennen können.

Das Internet führt nach Ansicht Friedrichs zu einer neuen Form radikalisierter Einzeltäter, die den Sicherheitsbehörden zunehmend Sorgen bereiteten. “Wir haben immer mehr Menschen, die sich von ihrer sozialen Umgebung isolieren und allein in eine Welt im Netz eintauchen”, sagte der Minister. “Dort verändern sie sich, meist ohne dass es jemand bemerkt.” Darin liege “eine große Gefahr, auch in Deutschland”.

Das sich Menschen aus der Gesellschaft ausklinken, aus welchen Gründen auch immer, gab es schon immer, und die RAF konnte ihren Terror auch planen und ausführen ohne Internet, ohne Email und ohne SocialMedia.

Kritik von SPD und Piraten

Friedrich ging selbst davon aus, dass ihm dieser Vorstoß “in der Netzgemeinde wüste Beschimpfungen einbringen wird”. Die Kritik ließ wie vermutet nicht lange auf sich warten. Die Piratenpartei, die sich für Freiheit im Internet einsetzt, erklärte, die Möglichkeit, sich anonym zu äußern sei Voraussetzung für eine echte Meinungsfreiheit. “Herr Friedrich greift hier einen der Grundpfeiler unserer Demokratie an”, sagte der Parteivorsitzende Sebastian Nerz. “Meinungsfreiheit bedeutet, seine Meinung ohne Angst vor Konsequenzen frei sagen zu können. In letzter Instanz ist dies nur anonym möglich.”

Wüste Beschimpfungen? Nein – ich bin eher fassungslos über den magelnden Sachverstand, und über die masslose Vorverurteilung von Bloggern.

SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz wies den Vorschlag als nicht umsetzbar zurück und wertete ihn als “Ausdruck von Hilflosigkeit”. Er bezeichnete Friedrichs Vorstellungen als “menschlich durchaus sympathisch”. Es sei aber “unglaublich naiv”, wenn Friedrich auf diese Weise das Problem des Extremismus in den Griff bekommen wolle, sagte Wiefelspütz dem “Kölner Stadt-Anzeiger”. “Das internationale Netz entwickelt sich weltweit naturwüchsig und richtet sich nicht nach der Meinung des deutschen Innenministers oder anderer wohlgesinnter Zeitgenossen.”

Schön was SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz da von sich gibt. Denke ich aber an den letzten SPD-Innenminister zurück trifft die Überschrift hier: Erst informieren und denken, dann sprechen! dann doch wieder zu.

Annonym im Web 2.0 – geht das überhaupt?

Sicher – man kann sich verkleiden, und in ein Internetcafe zum Surfen gehen, dabei das Handy ausgeschaltet lassen, und den Terroristen spielen. Doch mal im Ernst, im Normalfall ist es nicht möglich, sich anonym im Internet zu bewegen. Man wird bei der Einwahl erfasst, jeder Webserver loggt die Seitenzugriffe, und für Online-Dienste benötigt man eine gültige Email-Adresse. Selbst den Hacktivisten gelingt es nicht, völlig spurlos zu agieren.

Dies gilt auch für den radikalen Einzeltäter, der sich von seiner sozialen Umgebung isolieret und allein in eine Welt im Netz eintaucht. Dies macht er im allgemeinen von seiner Wohnung aus, und damit nicht mehr anonym. Gleichgültig, ober er das unter seinem weltlichen Namen macht, oder unter einem Pseudonym.

Nein – Herr Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich – wüste Beschimpfungen bekommen Sie von mir nicht. Ich bin nur fassungslos darüber das jemand so über Blogger denkt.

PS: Sehr gute Informationen über die Funktionsweise des Internet gibt es im Internet.

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Dieser Beitrag wurde am Montag, 08. August 2011 um 15:45 Uhr veröffentlicht und wurde unter der Kategorie Off Topic abgelegt. Du kannst die Kommentare zu diesen Eintrag durch den RSS-Feed verfolgen.

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2 Kommentare

  1. Man sollte mal einen Virenscan über Friedrich laufen lassen um festzustellen von wem er infiziert ist;)

    Kommentar: Virenscan – 09. August 2011 @ 09:51

  2. Interessant ist auch, dass Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich sich dagegen ausspricht, dass Bundespolizisten mit offenem Visier, und nicht annonym, auftreten sollen.

    Hier wird der Schutz der Persönlichkeit (des Bundespolizisten) vorgeschoben, wenn dann mal wieder staatlich geprügelt wird, es gab da wohl über 2.000 Übergriffe mit Ermittlungen seitens der Polizei im letzten Jahr.

    Das ist einmal wieder typisch. Macht ein Bürger, und sei es einer mit verschrobenen Ansichten, den Mund auf mit einem Blog, ist das gemeingefährlich, aber der Polizist in vollem Kampfanzug muss geschützt werden, selbst wenn er ausrastet.

    OK – das war jetzt übertrieben, aber irgendwie ist es doch so. Den Armen wird immer mehr genommen, und den Bankern werden Milliarden in den Allerwertesten geschoben. Pfui!

    Kommentar: alles-mit-links – 15. August 2011 @ 20:42

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